The Chapel

Selbstporträt im Kirchenfenster

 

 

Der Künstler Kaspar Bucher macht aus Alltäglichem Kunst und aus Sakralem Profanes. In seiner neusten Installation „The chapel“ hat er sich mit Glasmalerei beschäftigt und sich dabei selbst verewigt.

 

Immer wenn man Kaspar Bucher trifft, trägt er ein weisses Trägershirt, wie es Fischer in Neapel oder Handwerker in Bern tragen. Davon ist der 32-jährige Künstler, der soeben den Preis Kunstschub des Ateliers Worb gewonnen hat, gar nicht so weit weg. Bevor er in Bern die Hochschule der Künste besuchte, erlernte er nämlich den Beruf des Landschaftsgärtners. So kann es durchaus vorkommen, dass man ihn in einem fremden Garten beim Baumschneiden antrifft. „Diese Ausbildung hat mir viel gebracht für die Umsetzung meiner Ideen“, erzählt er im Gespräch. In seiner Arbeit kommen die unterschiedlichsten Materialien zum Einsatz: So konstruierte er etwa schon zweckentfremdete Möbel oder veredelte Profanes wie Pilonen zu Kunst.

 

Inspiration aus Prag

Letztes Jahr erhielt Kaspar Bucher ein Stipendium der Stadt Bern, was ihm ermöglichte, während 4 Monaten in Prag zu arbeiten. Tschechien, ein für sein Glashandwerk bekanntes Land, inspiriert ihn: Die Technik der Glasmalerei benutzt Bucher nun in seiner Installation im Atelier Worb. In einem der Räume ersetzt er alle Fenster durch Kirchenfenster, die er aufgrund seiner Zeichnungen anfertigen liess. Auf dem ersten ist eine tote Taube zu sehen, auf dem zweiten sein Selbstporträt und auf Nummer drei seine blutenden Initialen. Eine Arbeit, die viele verschiedene Assoziationen zulässt. Die Taube, die in Kirchenfenstern normalerweise den Heiligen Geist repräsentiert, ist hier ein profanes Tier - und tot dazu. 

 

Bluten für die Kunst

Statt einen Heiligen - oder zumindest einen Stifter - hat Kaspar Bucher sich selbst porträtiert und verweist so auf die heutige Gesellschaft, in der jeder seine eigene Ikone ist. Man denke etwa an Facebook und andere Selbstdarstellungsphänomene. Mit den blutigen Initialen nimmt Bucher die romantische Vorstellung des Künstlers, der für sein Werk blutet, aufs Korn. Bucher plant in Worb auch einen Golfabschlagplatz, der im Falle eines Schlages, die Kirchenfenster zerstören würde. The chapel wirft viele Fragen auf. Mit Sicherheit aber diejenige von Gretchen aus Goethes Faust: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ 

 

Helen Lagger

 

Ausstellung: Bis am 14. September 2008. Atelier Worb, Enggisteinstrasse 2, 3076 Worb. Vernissage: Fr, 5. September, 19 Uhr.